Zur Tiktokisierung von Facebook
Stellen Sie sich vor: Es ist kurz vor Schlafenszeit, Sie liegen frisch geduscht, mit Colgate im Atem unter der Decke und checken noch einmal Ihre Social Media Feeds. Wie ein wilder Hengst gehen sie schließlich einem Cowboy ins Lasso. Und der Cowboy heißt – genau, TikTok. Sie haben das Gefühl, je beherzter Sie sich gegen den Sog wehren, desto tiefer verlieren Sie sich in den Untiefen der Prärie – oder Plattform, wie man’s nimmt. Beim nächsten Blick auf die Uhr ist es schon wieder kurz vor dem Weckerklingeln und vor lauter Schreck aktivieren Sie jetzt schon die Schlummerfunktion, nur um sich dann gleich noch tiefer in der Welt der Kurzvideos zu verlieren.
Warum ist TikTok so schwer zu schließen?
TikTok ist schon lange nicht mehr nur die Plattform, auf der Hinz und Kunz irgendwelche Tanzvideos mit seltsamen Choreografien hochladen, sondern hat sich durch ihr enormes Wachstum zu einer der wichtigsten Social-Media-Plattformen weltweit entwickelt. Spätestens seit dem Aufstieg der Elevator Boys ist klar, welche Macht TikTok und sein einzigartiger Algorithmus besitzen. So gehen scheinbar wahllos Videos viral oder auch komplett in den Tiefen der Plattform unter.
TikTok öffnet sich standardmäßig auf der „Für Dich“-Seite (engl. „For You“ Page), wo hauptsächlich Content angezeigt wird, den der Algorithmus für die Nutzer*in als relevant definiert hat. Hier wird schätzungsweise 90–95 % des gesamten Contents konsumiert und eher selten auf die „Folge Ich“-Seite umgeschaltet.
Der spezielle TikTok-Algorithmus ist es auch, der es für die Nutzer*in so schwierig macht, die App wieder zu schließen. Denn anhand des Nutzer*innenverhaltens ermittelt dieser, wie lange jede Person auf einem bestimmten Video bleibt, welche Interessen sie hat und welche Videos ihr in Zukunft ausgespielt werden, um die Verweildauer zu erhöhen. So lernt der Algorithmus beispielsweise sehr schnell, dass Sie sich gerne Videos zum Thema Backen ansehen, und spielt Ihnen daraufhin immer mehr davon aus. Das Ergebnis: Nutzerzeit und Verweildauer steigen exponentiell.
Bleiben wir nun bei unserem Beispiel Backvideos: Es braucht circa 150 Videos, was in etwa einer Nutzungsdauer von 45 Minuten entspricht, um in jedem dritten Video mit demselben Thema konfrontiert zu werden.
Je mehr Sie mit diesen Videos interagieren, desto häufiger werden Ihnen Keks- und Tortenvideos auf Ihrer „Für Dich“-Seite angezeigt. Logisch, oder? Aber hätten Sie gedacht, dass sich am Ende sogar 70–85 % aller Videos in Ihrem Feed um Backen drehen könnten? Apropos Backen …
Meta will nun auch ein Stück vom TikTok-Kuchen
Um die Aufmerksamkeit der Nutzer*innen buhlt natürlich nicht nur TikTok, sondern auch Meta (oder wie man Facebook und Konsorten so nennt). Einst Vorreiter mit den Plattformen (Instagram) und Facebook, muss Meta nun seine Nutzer*innen und deren Aufmerksamkeit mit TikTok teilen.
Während weltweit gesehen Facebook, Instagram und WhatsApp in ihrer Größenordnung und Nutzerverweildauer im Schnitt immer noch vor TikTok stehen, wurde Instagram in Deutschland mittlerweile schon von TikTok überholt. 2018 hatte die normale TikTok-Nutzer*in noch eine Nutzungsdauer von sechs Stunden pro Monat. Mittlerweile liegt die Dauer, die jede Nutzer*in pro Monat bei TikTok verbringt schon bei 24 Stunden – Tendenz steigend. Überlegen Sie sich mal: Das ist ein kompletter Tag pro Monat, den jede*r Nutzer*in auf TikTok verbringt. Was man an diesem einen Tag alles machen könnte? Wir haben einen Tipp für Sie: Backen. Genug Inspiration haben Sie ja jetzt.
Zurück zu Meta: Meta will aber seine Position natürlich nicht kampflos aufgeben und versucht, TikTok mithilfe von Reels zu kopieren – oder besser – sich dem Trend „anzupassen“. Dabei gibt es jedoch einen entscheidenden Unterschied: Facebook und Instagram orientieren sich am Social Graph, TikTok am Content Graph.
Metas Weg zum Reel-Erfolg
Meta möchte sich natürlich nicht als TikTok-Kopie präsentieren, sondern setzt auf Einzigartigkeit. So werden Reels, die neu und innovativ sind, höher gerankt und haben damit auch eine größere Chance, viral zu gehen.
Zusätzlich werden mehrere Wege getestet, um Reels zu einem größeren Erfolg zu verhelfen:
- Bei Instagram wird momentan der Vollbildmodus getestet.
- Videos sollen direkt als Reels veröffentlicht werden, um mehr Reels-Content auf den Plattformen kursieren zu lassen – also Content, Content, Content.
- Wer sich noch nicht mit der Erstellung von Reels beschäftigt hat, kann sich mit Templates behelfen und die Videos automatisch mit der Musik synchronisieren lassen.
- Ach ja, zum Thema Musik: Mittlerweile greift Meta den User:innen auch hier unter die Arme und schlägt bei der Erstellung eines Reels gleich passende Musik vor.
So werden Reel-Kings und -Queens geboren
Je häufiger und länger ein Video bei TikTok von einer Nutzer*in geschaut wird, desto höher ist die Chance, dass es viral geht. Das gleiche Prinzip wird auch Meta für seine Reels anwenden, weswegen es auch jetzt schon für Unternehmen wichtig ist, Ihren Content in Reels zu verpacken und diese mehr und mehr zwischen die normalen Feedposts zu streuen.
So werden mittlerweile häufiger Reels gepusht und nach dem Prinzip der „unconnected recommendations“ an Nutzer*innen ausgespielt, die nicht mit der Ersteller*in „befreundet“, „ver-abonniert“ oder „ver-liked“ sind oder so. Zusätzlich zum „Entdecken“-Feed bei Instagram werden nun auch vorgeschlagene Beiträge im normalen Homefeed gezeigt, genau wie bei Facebook. Zusätzlich werden bei beiden Plattformen immer wieder Reels in einem Carousel vorgeschlagen, die User:innen in ihre Endlosschleife saugen.
Aus diesem Grund ist es wichtig, sich auch als Unternehmen auf Reels zu konzentrieren und diese trendaffin zu produzieren. Dazu haben wir natürlich ein paar Tipps für Sie zusammengestellt:
- Qualität: Produzieren Sie Ihre Reels immer in gleichbleibender Qualität.
- Content, Content, Content: Eine gleichbleibende Frequenz von Content ist essenziell, damit sich Ihre sogenannten Friends auf eine gewisse Postingfrequenz einstellen können. Kleiner Tipp: Lieber erst weniger Content produzieren und dann die Frequenz hochschrauben.
- 2-Sekunden-Regel: Versuchen Sie, das Gegenteil von Spannungsaufbau zu generieren. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist mittlerweile so klein geworden, dass Sie Nutzer*innen innerhalb der ersten zwei Sekunden begeistern müssen, damit sie weiterschauen.
- Humor: Zeigen Sie sich von einer nahbaren, lustigen Seite.
- Einfachheit: Reels müssen nicht unglaublich hochwertig und aufwändig produziert werden. Oft bringt schon ein geringer Aufwand das gewünschte (Viral-)Video.
Mit diesen Tipps an der Hand sind Sie dem viralen Thron wieder einen Schritt näher. Und jetzt ab an das Handy, Inspirationen holen und üben üben üben! Denn bekanntlich ist ja noch kein Meister vom Himmel gefallen. Keinen Bock drauf? Wir übernehmen gerne für Sie! Kontaktieren Sie uns gern.