Der etwas andere Test: Die Vier-Tage-Woche im Praxistest
Über den deutschen Arbeitsmarkt und die Kultur der Arbeit in Deutschland wird viel diskutiert und viel gesprochen. Wirklich geändert hat sich in den letzten 20 Jahren nichts. Die größten Änderungen waren in vereinzelten Firmen im Lande ein paar Home-Office Tage. Weder & Noch hatte sich schon immer vorgenommen etwas auszuprobieren und zu wagen, also warum auch nicht eine der ersten Firmen sein, die eine Vier-Tage-Woche testet?
Wie geht man dieses Thema an? Es gibt die unterschiedlichsten Modelle. Diese reichen von Arbeitszeitverkürzung bis hin zu gleichbleibender Stundenzahl auf weniger Tage. Ebenso gibt es viele Behauptungen, dass die Vier-Tage-Woche die Produktivität steigern könnte, trotz weniger Arbeitstage. Die Grundannahme ist hier, dass sich der Arbeiter selbständig besser organisiert und somit auf weniger Tage die gleiche oder gar eine höhere Produktivität erreicht, weil er zufriedener mit sich, seinem Privatleben und seinem Arbeitgeber ist.
Bei uns waren folgende Rahmenbedingungen gesetzt:
In unserem Falle gab es ein klar definiertes System, da wir der Überzeugung sind, dass man ohne Regeln im Chaos versinkt. Die Grundannahme war folgende: es gibt drei mögliche Optionen für einen freien Tag. Montag, Mittwoch und Freitag. Jeder Mitarbeiter darf frei entscheiden, ob er/sie mitmachen möchte. Die Arbeitszeit bleibt gleich. Gewisse Mitarbeiter haben Abhängigkeiten voneinander und dürfen nicht an den gleichen Tagen frei haben, dass diese den jeweils anderen vertreten können.
Kann der Mensch in einer Vier-Tage-Woche produktiver sein?
Um es gleich vorweg zu beantworten, das kann man nicht vereinheitlichen. Es gibt Tage, an denen man innerhalb von 10 Stunden an einem Tag ganz schön was erreichen kann. Es gibt Tage, an denen man nach 8 Stunden ebenso nach Hause gehen könnte, weil keine Arbeit mehr vorhanden ist und es gibt Tage, an denen man 15 Stunden arbeiten könnte. Betonung liegt hier auf könnte, denn nach einer gewissen Zeit baut jeder mit seiner Leistungsfähigkeit ab. Man kann nicht vorab sagen, wer wie leistungsfähig ist und ob ein Mensch dazu geeignet ist, bis zu vier Tage in Folge 10 Stunden am Tag zu arbeiten.
Was machen an seinem zusätzlichen freien Tag?
An seinem freien Tag haben die Kollegen ganz unterschiedliche Dinge gemacht. Bouldern in leeren Hallen, generell Sport, diverse Behördengänge und Besuche bei der Bank (die haben beide offen), Kfz-Service, Friseurtermine, hatten Zeit für die Freundin, zum Einkaufen, waren am Vorabend mal ordentlich beim Feiern, das eigene Fotografie-Hobby ausgelebt oder auch nur ausgeschlafen und die Zeit mit Netflix verbracht. Viele tolle Dinge, die sonst nicht so einfach geklappt hätten.
Die Frage wie man in einem kreativen Beruf 10 Stunden leistungsfähig bleiben soll, kann man ganz einfach beantworten. Man benötigt Ruhepausen und sollte bestmöglich nicht den ganzen Tag das gleiche Thema bearbeiten und Freude bei der Arbeit haben. Die Produktivität der Kollegen, die an der Vier-Tage-Woche teilgenommen haben, ist faktisch nicht schlechter geworden. Ist sie besser geworden? Auch das ist fraglich. Gefühlt merkt man den Unterschied nicht. Eine genauere Auswertung ergab eine Produktivitätssteigerung in Höhe von knapp 15 %, was gewaltig klingt aber die reinen Zahlen sind. Ob die Arbeit dadurch wirklich besser wird, kann man erst nach einer weiteren Runde feststellen.
Hoch die Hände Wochenende.
Was definitiv besser geworden ist, ist die Motivation und die Stimmung im Büro. Die Kollegen waren ausgeglichener und das konnte man durchaus spüren. Sie waren auch motivierter und lieber in der Arbeit als zuvor. Um eine Kollegin die immer montags frei hatte zu zitieren, nachdem wir die Testphase fürs erste eingestellt hatten: „Ich hasse Montage.“ Muss man mehr sagen?
Wir bei Weder & Noch sind auf jeden Fall gespannt was die etwas längere Testphase ergeben wird und ob die Beteiligung steigt, stagniert oder zurückgeht. Wir halten Sie auf dem laufenden.