Das Phänomen Podcast
Schon im April 2018 haben wir euch in Podcasts: Netflix für die Ohren (Link) einige Podcasts ans Herz und an die Ohren gelegt. Seither hat sich einiges getan im Podcast-Universum.
Inzwischen ist jeder vierte Deutsche aktiver Podcast-Hörer. Doch nicht nur die Zahl der Hörer nimmt stetig zu, auch die Flut an immer neuen Podcasts ebbt nicht ab. Vor allem seit Beginn der Corona-Krise verzeichnen Podcasts einen großen Zuwachs an Hörern und auch Machern. Das Spektrum reicht dabei von Freunden, die sich einfach mal mit einem Mikro zusammensetzen und schauen, was daraus wird, bis hin zu professionellen Eigenproduktionen großer Streaming-Anbieter, die über alle Kanäle hinweg beworben werden.
So läuft man auch schon mal in der U-Bahn an Werbeplakaten für neue Podcasts vorbei oder stolpert in der Fernsehwerbung über den ein oder anderen Werbeclip zu den Audioformaten. ProSieben strahlte die sendereigenen Podcasts „Alle Wege führen nach Ruhm“ mit Joko Winterscheidt und „Baywatch Berlin“ mit Klaas Heufer-Umlauf im Corona-Lockdown sogar wöchentlich in voller Länge im TV aus.
Längst kann man seine Lieblingspodcasts aber nicht mehr nur anhören, denn die Podcasts haben ihren Weg auf die Bühne gefunden. Wie Bands und Musiker touren Podcaster durch das Land und beglücken ihre Fans mit Live-Aufzeichnungen und Shows. Ganze Podcast-Festivals, wie beispielsweise das „Auf die Ohren Festival“ in Berlin, gibt es zwischenzeitlich schon. Genau wie bei Musikfestivals treten hier den ganzen Tag über auf verschiedenen Bühnen bekannte und weniger bekannte Podcaster mit ihren Formaten auf und sorgen für Unterhaltung.
Podcast-Festivals, Podcasts im TV oder Podcast-Werbeplakate in der U-Bahn… Als Podcasts vor etwa 6 Jahren fester Bestandteil meines Alltags wurden, war das alles noch Wunschmusik. Es gab noch nicht mal Podcasts bei Spotify, geschweige denn, dass ich wusste, was ein Podcatcher ist und auch in meinem Freundeskreis gab es kaum jemanden, der überhaupt schon mal einen Podcast gehört hatte. Ich war auf Plattformen wie Soundcloud & Co. ständig auf der Suche nach neuem Input, denn das Angebot an deutschsprachigen Podcasts war noch nicht allzu groß und es war gar nicht mal so einfach, diejenigen, die es gab, gesammelt irgendwo zu finden.
Klingt aus heutiger Sicht fast wie Oma, die vom Krieg erzählt… Heute ist es dagegen nahezu unmöglich, sich noch durch die riesige Menge an verschiedensten Podcasts zu kämpfen und die herauszufiltern, die einem wirklich spaßmachen und interessieren, denn die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. Und damit Sie das nicht tun müssen, gibt’s hier eine kleine Liste an mehr oder weniger bekannten Podcasts, in die man auf jeden Fall mal reinhören sollte.
Abgehoben: Das Podcast-Ufo
Ein Podcast über das Weltall, Aliens und Überirdisches? Ääh… Nope. Seit 6 Jahren heben Florentin Will und Stefan Titze, beide bekannt aus dem Dunstkreis des „Neo Magazin Royale“, einmal pro Woche ab in den Humorhimmel. Ein klares Konzept gibt es nicht, hier wird einfach lustig drauf los geredet. Im Mittelpunkt stehen Anekdoten und kleine Alltagsbeobachtungen, die aus der Sicht der Comedy bis zum Äußersten analysiert und auseinandergenommen werden.
Und mit Witzen kennen sich die beiden Comedy-Autoren aus! Kein Gag wird liegengelassen! Und dabei kann es schon mal passieren, dass sich die Spaßnerds minutenlang mit grenzenlosem Nonsens beschäftigen. Fun Fact: Das Podcast Ufo hat sogar ein eigenes Wikipedia – die Pufopedia (Link).
Pirouetten durchs Programm: Das kleine Fernsehballett
Sarah Kuttner und Stefan Niggemeier lieben es fernzusehen. Und noch mehr lieben sie es, übers Fernsehen zu reden. Im Podcast „Das kleine Fernsehballett“ lassen sich die beiden bereits seit sieben Staffeln von allem berieseln, was die Fernsehlandschaft und sämtliche Streaming-Anbieter so zu bieten haben. Und das sorgt für ordentlich Gesprächsstoff – bei gutem als auch bei schlechtem Fernsehen.
Was dabei aber unter gutes oder schlechtes Fernsehen fällt, da sind beide oft sehr gegensätzlicher Meinung. Das Beste: Man kann sich gleich selbst mit aufregen oder zustimmend nicken. Und hat man eine Sendung verpasst? Kein Problem, die beiden haben sie ja gesehen. Einfach zuhören, bis die Ohren viereckig werden!
Bestes Wiedersehen: WIMAF
In WIMAF oder auch „Wiedersehen macht Freude“ laden sich Maria Lorenz und Nilz Bokelberg Leute ein, die sie toll finden, um mit ihnen Filme zu besprechen, die sie vielleicht mal toll fanden. Es wird viel gelacht, gestaunt und sich aufgeregt über die Absurditäten, die sich dabei oft auftun. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, verschiedenste Filmreihen komplett durchzuarbeiten. Das sind zum Beispiel alle Filme mit Julia Roberts, Nicolas Cage oder einfach alle Filme mit Vulkanen. Da in gefühlt jeder Folge eine weitere Reihe dazukommt, wird den beiden der Filmstoff wohl nicht so schnell ausgehen.
Alle paar Wochen ist allerdings Zeit für eine ganz besondere Reihe: „Meine Frau hasst die Lindenstraße“. In dieser Reihe zwingt Nilz Maria so lange die „Lindi“ zu schauen, bis sie einsieht, dass es die (seiner Meinung nach) beste deutsche Serie aller Zeiten ist. Und dabei schwingt immer die eine Frage mit: Wie lange wird es dauern, bis Maria die Lindenstraße nicht mehr hasst?
Prickelt im Ohr: Proseccolaune
Christian Blos alias Chris Nanoo (auch bekannt aus Podcasts wie Im Autokino, Kau & Schluck oder Mundschutz Talking) bildet zusammen mit Marek Bäuerlein das dynamische Duo von Proseccolaune. Hier schwadronieren die beiden über die besten Anekdoten, waghalsigsten Theorien und absurdesten Geschichten und gründeten nebenher auch noch ihre eigene „Podcast-Sekte“: Die Geilen 1000. Keiner ergeht sich so leidenschaftlich in essentiellen Bedeutungslosigkeiten wie die beiden unterfränkischen Wuchtbrummen.
Zusammengehalten wird der Plausch fachmännisch von Strippenzieher und Sidekick Daniel Stenger. Übrigens ist Proseccolaune nach eigener Aussage der Lieblingspodcast von Rapper Casper, der auch selbst schon in einer Folge zu Gast war.
Liebe, Love & sexy sein: Schnapsidee
Sexpodcasts sind ja so ein Ding. Sie sind nicht unbedingt jeder Manns Sache und waren dennoch eine ganze Weile der große Hype in der Podcastwelt. Doch Schnapsidee ist nicht irgendein Sexpodcast. Hier reden und lachen Autorin Anna Zimt und Musikproduzentin Paula über „Liebe, Love und sexy sein“. Sie sind zwei beste Freundinnen, die loszogen, um die Welt mit ihrem Podcast ein bisschen quatschiger zu machen. Im Auftrag der Liebe und des Datings schnattern, lachen und trinken sich die beiden durch die Episoden.
Doch neben minutenlangen Lachanfällen, beschäftigen sich Anna, die eine offenen Ehe mit ihrem Mann Max führt, und Paula, die sich in einer geschlossenen Beziehung mit Chris Nanoo (siehe Podcast Proseccolaune) befindet, auch ernsthaft mit dem Thema ihres Podcasts. Sie geben Tipps, nehmen Ängste und nehmen sich dabei selbst nicht so ernst. Sie sind quasi die besten Freundinnen für die Hosentasche!
Let’s have a drink: Normale Möwe
Hinnerk Köhn und Max Scharff sind zwei Trinker, die übers Rauchen reden. Und das tun sie wöchentlich in ihrem Comedy-Podcast Normale Möwe. Hier reden die beiden sehr persönlich über Privates, über Aktuelles, gehen die großen Fragen des Lebens an und beantworten sich gegenseitig die „Viel zu dollen Meine-Freundebuch-Fragen, die so nie in einem Freundebuch stehen würden“.
Dabei kokettieren sie mit einem Alkoholiker-Image und der scheinbaren Offenheit des Betrunkenen in der Form der Satire. Darum gibt es auch jede Folge einen „Drink der Woche“, der in verschiedenen Kategorien genauestens analysiert und bewertet wird. Der geneigte Trinker will schließlich wissen, welchen Drink er sich genehmigen soll und welchen besser nicht. Noch dazu findet (normalerweise) einmal im Monat im Hamburger Club Molotow, die „Normale Möwe Late Night“ statt, in der man den beiden Wahl-Hamburgern auch live beim Trinken und Schnacken zuschauen kann.
Klatsch & Tratsch: Niemand muss ein Promi sein
In „Niemand muss ein Promi sein – Der Klatsch & Tratsch Podcast“ gehen Produzentin Elena Gruschka und Musiker Max Richard Leßmann wöchentlich den wirklich wichtigen Themen und den echten, richtigen Gefühlen auf den Grund. Hat Kylie Jenner mit Drake geschlafen? Ist der Freund von Miley Cyrus eine künstliche Intelligenz? Und wer zur Hölle ist eigentlich Mike Heiter? Auf all diese Fragen haben die beiden „Societyexperten“ eine Antwort. Sie schlagen sich durch die internationale Trash-TV-Landschaft, entschlüsseln Biographien von Menschen, die wir alle zu kennen glauben und sehen sich die schrecklichsten Videos von Z-Prominenten an, damit wir es nicht tun müssen.
Dabei sind sich die beiden der Absurdität dieser Szene allerdings stets bewusst und hangeln sich selbstironisch von Schlagzeile zu Schlagzeile. Und um sich nicht allein mit dem ganzen Klatsch & Tratsch auseinanderzusetzen, haben sie sich eine riesige, leidenschaftliche Facebook Community aufgebaut: die „Niemand muss ein Promi sein Ultras“. Aber Achtung: Zutritt zur geschlossenen Gruppe gibt’s nur, wenn man die Einlassfrage von Frau Dr. Elena Gruschka richtig beantworten kann. Was einem wahren Ultra aber nicht allzu schwer fallen sollte.
Tiefgründig: Thilo Mischke Uncovered Podcast
Schmutzige Geschäfte, Drogen, Organhandel und Billigarbeiter: Für die ProSieben-Reportage „Uncovered“ reist Journalist Thilo Mischke zu den gefährlichsten Orten und Menschen der Welt. Er taucht ein in Schattenwelten, verschiedenste Lebensrealitäten und Schicksale. Doch was passiert hinter den Kulissen? Was bewegt ihn auf seinen Reisen? Gemeinsam mit seinen Gästen spricht er unter anderem darüber, wie es ist, in gefährlichen Ländern zu drehen.
Längst geht es aber nicht mehr nur um seine Reisen und Drehs. So spricht er zum Bespiel mit Thomas D von den Fantastischen Vier über dessen Sicht auf die Gleichberechtigung von Tierleben, mit Nikeata Thompson und Uncovered-Redakteurin Talile über systematischen Rassismus oder mit ganz normalen Menschen darüber, wie es ist, in Deutschland von Armut betroffen zu sein. Dabei wird keine Frage unbeantwortet und kein unangenehmer Fakt außen vorgelassen.
Für Besserwisser: Neon Unnützes Wissen
Die Rubrik „Unnützes Wissen“ aus dem Magazin NEON ist wohl den meisten ein Begriff. Mit „Neon Unnützes Wissen – Der Podcast, den man nie mehr vergisst“ kann man sich nun seine wöchentliche Dosis unnützes Wissen auch in Audioform abholen. Hier schmeißen Lars Paulsen und Ivy Haase mit echten Fakten zu den wechselnden Themen um sich, die man so wohl noch nie gehört hat.
Mit diesem Podcast ist man definitiv gewappnet für jeden unangenehmen Smalltalk oder auch für den gefürchteten Besuch bei den Schwiegereltern. Oder wusstet ihr, was das Paris-Syndrom ist, was Napoleon mit der Kehrwoche zutun hat oder dass man durchschnittlich 184 Kalorien verbraucht, wenn man sich den Horrorfilm „Shining“ anschaut?
Mörderisch: Mordlust/My Favorite Murder
True Crime erfreut sich nicht nur auf Netflix & Co. größter Beliebtheit. Auch True Crime Podcasts erleben derzeit einen echten Hype und kaum ein Verbrechen, ob national oder international, wurde nicht schon in einem der zahlreichen Podcasts zum Thema behandelt. Einer der derzeit erfolgreichsten deutschen True Crime-Podcasts ist “Mordlust – Verbrechen und ihre Hintergründe”. Hier sprechen Paulina und Laura über wahre Kriminalfälle aus Deutschland. In jeder Folge widmen sie sich zwei Fällen zu einem spezifischen Thema und diskutieren strafrechtliche und psychologische Aspekte.
Dabei bereitet jede der beiden Reporterinnen einen Fall vor, von dem die andere im Vorfeld nichts weiß, um echte Reaktionen zu garantieren. Doch wusstet ihr, dass dieses Konzept vom amerikanischen Erfolgspodcast „My Favorite Murder“ inspiriert ist? In diesem True Crime Comedy Podcast stellen Karen Kilgariff und Georgia Hardstark sich und ihren „Murderinos“ wöchentlich gegenseitig zwei Fälle vor. Zusätzlich erscheint jede Woche eine kurze „Minisode“, in der die beiden verbrecherische Hometown-Stories ihrer Hörer zum Besten geben. Ein absolutes Muss für jeden True Crime Fan, der keine Angst vor englischsprachigen Podcasts hat. In diesem Sinne: Stay sexy and don’t get murdered!
Diese Liste könnte ich nahezu unendlich weiterführen, denn die Liste an hörenswerten Podcasts ist lang. Und wenn euch diese noch nicht reichen, dann hier noch mal der Hinweis auf den ersten Teil von Podcasts: Netflix für die Ohren (Link) mit weiteren Empfehlungen. Aber irgendwann muss man ja schließlich auch mal anfangen den ganzen Kram zu hören. 😉 Und ich sag mal so: Podcasts – Netflix für die Ohren Pt. 3 ist nicht ausgeschlossen!
