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April 2021

Interkulturelle Kommunikation

Chancen und Herausforderungen

Lesezeit: 6 Minuten

Menschen verschiedener Kulturen kommunizieren

Herausforderungen internationaler Vernetzung

Interkulturelle Kommunikation gewinnt in unserer international vernetzten Welt zunehmend an Bedeutung. Über Tipps für eine gelungene Kommunikation im Allgemeinen haben wir bereits in einem vorherigen Blog geschrieben. Doch kommt nun immer öfter hinzu, dass der Kommunikationspartner einen anderen kulturellen Background hat als man selbst. In diesem Fall ist es wichtig, sich darauf einstellen zu können. Bei fehlender Kenntnis und mangelhaftem Verständnis für andere Kulturen können nämlich schnell Missverständnisse oder Konflikte entstehen.

Die Beachtung kultureller Unterschiede ist auch für Unternehmen wichtig. Bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen außerhalb des eigenen Kulturkreises ist es mittlerweile nahezu unerlässlich über interkulturelle Kompetenz zu verfügen. Doch welche Faktoren sind dafür wichtig und worauf muss geachtet werden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt? Der niederländische Kulturwissenschaftler Geert Hofstede hat ein Framework entwickelt, das hilft, verschiedene Kulturen etwas besser einordnen und verstehen zu können.

Es gibt dabei sechs verschiedene sogenannte „Kulturdimensionen“ (Geert Hofstede, 2019, Link):

  • Machtdistanz (Power Distance)
  • Individualismus vs. Kollektivismus (Individualism vs. Collectivism)
  • Maskulinität vs. Feminität (Masculinity vs. Femininity)
  • Unsicherheitsvermeidung (Uncertainty Avoidance)
  • Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung (Long-term vs. Short-term orientation)
  • Genuss vs. Zurückhaltung (Indulgence vs. Restraint)

Die Kulturdimensionen erklärt

Der niederländische Professor für internationales Management Geert Hofstede hat Ende der 1960er Jahre die ersten vier Kulturdimensionen definiert. Später kam die Kurz- und Langzeitorientierung sowie 2010 die Genuss vs. Zurückhaltungsdimension hinzu. Er hat das Forschungsgebiet der Organisationskultur und der interkulturellen Interaktion maßgeblich geprägt.

Eine Zuordnung der Gesprächspartner zu verschiedenen Dimensionen kann uns helfen Werte und Grundsätze besser nachzuvollziehen und auf Bedürfnisse einzugehen.

Machtdistanz (Power Distance)

In Unternehmen unterscheiden sich die verschiedenen Kulturen unter anderem bei der Machtdistanz. Diese beschreibt den Grad der Akzeptanz und Erwartung ungleicher Machtverteilung – je nach dem wie flach oder steil vorherrschende Hierarchien sind.

Ausprägung
Hoher Score: Ungleiche Machtverteilung
Niedriger Score: Gleichmäßige Machtverteilung

Individualismus vs. Kollektivismus (Individualism vs. Collectivism)

Bei individualistischer respektive kollektivistischer Prägung geht es darum, in welchem Ausmaß der/die Einzelne in der jeweiligen Kultur im Vordergrund steht und inwiefern ein „Wir-Gefühl“ vorhanden ist.

Ausprägung
Hoher Score: Selbstbestimmung und Ich-Denken
Niedriger Score: Gruppenloyalität und Wir-Denken

Maskulinität vs. Femininität (Masculinity vs. Femininity)

Ist mein Gesprächspartner ein Vertreter einer eher feminin oder maskulin geprägten Kultur? Dabei geht es sowohl um die vorherrschende Rollenverteilung als auch um Werte, die mit dem jeweiligen Geschlecht in Verbindung gebracht werden. So sind maskulin orientierte Kulturen mehr von Idealen wie Erfolg oder Macht geprägt, in feminin geprägten Kulturen hingegen spielen Fürsorge oder Beziehungen eine größere Rolle.

Ausprägung
Hoher Score: Maskulin – Erfolg, Konkurrenzdenken und Selbstbewusstsein
Niedriger Score: Feminin – Sensibilität, Fürsorglichkeit und Bescheidenheit

Unsicherheitsvermeidung (Uncertainty Avoidance)

Eine weitere Dimension ist die Unsicherheitsvermeidung. Sie schlägt sich vor allem in der Etablierung von Regeln nieder, die klare Strukturen schaffen sollen. Konkret beschreibt dies beispielsweise den Grad bis zu dem man sich durch unbekannte Situationen bedroht fühlt.

Ausprägung
Hoher Score: Vermeidung
Niedriger Score: Akzeptanz

Langzeit- vs. Kurzzeitorientierung (Long-term vs. Short-term orientation)

Besonders wichtig für die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist auch die Langzeit- und Kurzzeitorientierung des jeweils anderen. Macht es überhaupt Sinn, eine langfristige Zusammenarbeit anzustreben oder plant das Gegenüber vielleicht nicht so weit in die Zukunft und ist lediglich an einer temporären Kooperation und schnell sichtbaren Erfolgen interessiert?

Ausprägung
Hoher Score: Langzeitorientierung – Ausdauer und langfristige Beziehungen
Niedriger Score: Kurzzeitorientierung – Gewinn in kurzer Zeit und „Gesichtswahrung“

Genuss vs. Zurückhaltung (Indulgence vs. Restraint)

Die letzte Dimension bezieht sich darauf, wie genussorientiert Vertreter einer Kultur sind. Wie wichtig sind ihnen Glück und Kontrolle über das eigene Leben und das Ausleben der eigenen Bedürfnisse?

Ausprägung
Hoher Score: Nachgiebigkeit
Niedriger Score: Beherrschung

Wie die verschiedenen Kulturdimensionen rund um den Globus verteilt sind, zeigt eine interaktive Karte (Link). Testen Sie sich doch einmal selbst und sehen Sie, inwiefern die für Ihre Kultur vorgeschlagene Einordnung auf Sie persönlich zutrifft!

High oder Low Context Culture

Neben einer Einordnung in die verschiedenen Kulturdimensionen ist es interessant sich zu vergegenwärtigen, ob das Gegenüber eher einer High oder Low Context Culture entstammt. Dieses Konzept wurde von dem US-amerikanischen Kulturwissenschaftler Edward T. Hall geprägt.

Für die Kommunikation mit Angehörigen von High Context Cultures benötigt es ein hohes Maß an Kontextinformation über den Gesprächspartner ehe private oder geschäftliche Beziehungen eingegangen werden können. Es herrscht eine sehr implizite Kommunikation, die von Faktoren wie der richtigen Stimmlage, Körpersprache oder Augenkontakt geprägt ist. Vorherrschend ist sie beispielsweise in asiatischen Ländern wie China oder Japan oder auch in südeuropäischen Ländern wie Griechenland oder Spanien zu finden.

Das Gegenteil zeigt sich bei Gesprächen mit Angehörigen von Low Context Cultures. Hier wird nur wenig Hintergrundinformation benötigt, die Kommunikation erfolgt explizit – geschäftliche oder private Beziehungen können somit viel schneller aufgenommen werden. Es wird schlichtweg weniger „um den heißen Brei geredet“. Beispiele für Low Context Cultures sind Deutschland, die USA oder skandinavische Länder.

Long story short:

  • “In low-context communication, the listener knows very little [about the subject under discussion] and must be told practically everything.“
  • “In high-context communication the listener is already “contexted“ and does not need to be given much background information.“ (Hall, Edward. 1976. Beyond Culture. New York. 183f)

Interkulturelle Kommunikation: Chancen für Marketing und Alltag

Interkulturelle Kommunikation kann auch als nützliches Marketinginstrument dienen. So können Werbemaßnahmen beispielsweise mit Wissen über Risikobereitschaft oder Kurz-/Langzeitorientierung der Zielgruppe perfekt auf diese zugeschnitten werden. Wissen über das bevorzugte Ausmaß an Kontextinformation gibt uns Auskunft darüber, ob Kernaussagen explizit angesprochen werden können oder eine implizite Kommunikation präferiert wird.

Dank der beiden Frameworks haben wir nun einen groben Überblick über interkulturelle Kommunikation erhalten. Sie sollen dabei als Hilfestellung dienen mit Angehörigen anderer Kulturkreise zu kommunizieren, dürfen jedoch niemals als strikte Maßstäbe gesehen werden. Nicht alle Menschen eines Kulturkreises ticken gleich oder haben die gleichen Werte und Ideale.

Nicht zu vergessen sind auch Unterschiede innerhalb verschiedener Generationen sowie die Tatsache, dass Kultur stets als ein Konstrukt im Wandel zu verstehen ist. Eine Einordnung in die verschiedenen Kulturdimensionen oder in ein High oder Low Context Framework kann – wenn man sie nicht als allgemeingültig ansieht – jedoch durchaus hilfreich sein. Sie hilft dabei unser Gegenüber besser zu verstehen und potenzielle Missverständnisse zu vermeiden.

Achten Sie doch das nächste Mal darauf, wenn Sie mit Angehörigen einer anderen Kultur kommunizieren. Vielleicht erkennen Sie ja das ein oder andere Verhaltensmuster wieder!

Portrait Schwarz Weiß Christina Roth

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mein Name ist Christina und ich bin bei Weder & Noch im Bereich Accounting tätig. Ich freue mich über Feedback oder Ihre Kontaktaufnahme. Wenn Sie mehr über uns als Agentur erfahren wollen, werfen Sie doch einen Blick auf unsere Seite.