Ein Arbeitstag als Werbefuzzi, eine Hommage an die Ehrlichkeit!
08.00 Uhr: Der Arbeitstag beginnt früh. Auf dem Weg zum Büro in der Tram sehe ich mich um: fast jeder starrt auf sein Smartphone, checkt die aktuellen Tagesnachrichten und Mails, telefoniert oder ist gestresst von zu viel Fremdkörperkontakt aufgrund der überfüllten Straßenbahn. Das Jugendwort 2015 „Smombie“ verkörpert diese Situation wohl am besten.
Eine Paarung zwischen Smartphone Nutzern und Arbeitszombies besiedelt die öffentlichen Verkehrsmittel an diesem Morgen. Eine Station bevor ich aussteige halte ich die Türe noch einen Moment länger auf, um der Omi mit ihrem Rollator auch noch den Einstieg zu ermöglichen. Ein ungeduldiger Geschäftsmann neben mir fragt, ob das denn jetzt wirklich sein muss, denn er wäre schon spät dran zum Meeting. Heutzutage sind wohl nicht mehr nur Tierarten vom aussterben bedroht. Auch Intelligenz und Höflichkeit, Respekt, Vertrauen und Ehrlichkeit!
Arbeitstag: Unser Vormittag
11.00 Uhr: Im Zentrum der Arbeit (Büro München) sind alle ganz aufgeregt, wie pubertierende 16-Jährige: die Abnahme eines Großprojektes steht an. Nach etlichen Korrekturschleifen und nervenzerreißenden Änderungswünschen wird die Strapazierfähigkeit unserer kreativen Köpfe erneut auf die Probe gestellt: Konzeptänderung! Der Kunde möchte es doch noch etwas anders. Ideenfußtritt auf gehobenem Niveau oder Alternative des Schreckens würde man es wohl nennen.
13.00 Uhr: Mittagessen. Heute gönnen wir uns mal die Gnocchi mit Gambas, Lachs & Zucchini. Ein Blick in den Geldbeutel verrät, dass das Bargeld sich dem Nullpunkt nähert. Aber die Kreditkarte strahlt mir schon entgegen. Beim Bezahlen werde ich gefragt, ob ich noch einen Salat dazu möchte, da meine Fitbit schon rot leuchtet. Haben wir nicht genug von der „Generation Kopf unten“, von Apps die uns erinnern, heute noch ausreichend Vitamine aufzunehmen und von Fitnessarmbändern, die dich auffordern, doch lieber die Treppe anstatt den Aufzug ins Büro zu nehmen?
Arbeitstag: Der Nachmittag
15.00 Uhr: Was geht ab? Kundentermin steht an. AUFWACHEN ist angesagt! Isso 🙂 (Jungendwort 2016; Zustimmung, unterstreichen von etwas). Nach ein paar Diskussionsrunden kristallisiert sich eine Zusammenarbeit heraus, die auf dem gemeinsamen Fundament der Ehrlichkeit, des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts basiert, wie jede gesunde Geschäftsbeziehung.
17.00 Uhr: Wir hören nicht auf als Verteidiger der guten Erziehung und ziehen in den Kampf gegen die Smombies. Small Talk und Shakehands ist wieder „In“. Ehrliche Kundenberatung, die Türe aufhalten und faire Lösungsansätze, auch in schwierigen Gesprächen, sind gefordert.
Weg von Smombies und Arbeitszombies hin zur gesunden Variante: Spaß an der Arbeit! Wir heben die Köpfe und versuchen unser Bestes um täglich etwas über den Tellerrand hinauszuschauen.
Der stetige Wandel – unser täglich Brot
Der Neologismus als unser ständiger Begleiter in der Werbebranche wird auch hier fündig und (er)finden wir uns selbst nicht auch ständig neu? Die neue Prada-Handtasche, Apple Watch, neue Frisur oder neuer Kleidungsstil, was darf es sein im Konsum-Wunderland?
Wir werden zu nützlichen Funktionären der Wirtschaft erzogen, die als gläserne Konsumenten im bargeldlosen Zahlungsverkehr dem Kreislauf der Produktlebenszyklen dienen. Die zukünftig mit ihrer Kreditkarte wohl nicht nur sämtliche Lebensgewohnheiten, Kaufverhalten und Individualität lesbar machen, sondern wohl auch bald als Einstellungskriterium bewertet werden, wie deren Gesundheitsbild von Krankenkasse und Ärzten eingeschätzt wird.
Haben wir uns bereits vom gläsernen Konsumenten hin zum naiven Smombie weiterentwickelt?
